Essgewohnheiten zeitigen nicht erst seit dem 20. Jahrhundert und der Erfindung von Fast Food ernste Folgen. Philipp Hecquet (1661-1737) – einem der brillantesten Ärzte seiner Zeit – sagt man nach, er sei, immer wenn er einen seiner reichen Patienten besuchte, zuerst in die Küche des Hauses gelaufen, hätte dort die Köche umarmt und gerufen „Oh meine Freunde! Wie großen Dank bin ich euch schuldig für die guten Dienste, welche ihr uns Ärzten leistet! Wäret ihr nicht mit eurer Kunst, so müßte die ganze Medizinische Fakultät bald um Aufnahme in irgendeinem Armenhaus nachsuchen!“
Sie wollten schon immer mal speisen wie unsere Vorfahren? Möglichst authentische pommersche Küche? Dann ist Hilfe nicht weit! Nicht nur historisch Interessierte, die herausfinden möchten, wieviel Wahrheit in der Geschichte von Hecquet steckt, auch Freunde der pommerschen Küche können in dem wachsenden Angebot der digitalen Bibliotheken fündig werden.
Es müssen ja nicht unbedingt „junge Tauben mit ihrem Blut“ sein. „Lammfleisch mit Sauerampfer und Stachelbeeren“ wirkt da schon kulinarisch zugänglicher und die zwanzig Arten einen Hecht zuzubereiten klingen mehr als interessant. Diese und hunderte andere Rezepte enthält ein Stettiner Kochbuch von 1782, das – neben einigen anderen alten pommerschen Kochbüchern aus der Pomeranica-Sammlung der Greifswalder Universitätsbibliothek – jetzt im Netz verfügbar ist.
Darunter findet sich auch die Erstauflage des bekannteren Stettiner Kochbuchs von Marie Rosnack aus dem Jahr 1823. Immerhin 349 Rezepte für die Zubereitung von Suppen, Vorspeisen, Gemüse, Pasteten, Geflügel, Braten, Fisch, Nachspeisen, Gelées, Eis, Kompott, Kuchen und Salaten werden hier beschrieben und außerdem natürlich das Einwecken, eine Kunst, die vor dem Zeitalter von Tiefkühlkost und Fertiggerichten unentbehrlich war. Daß die Rezepte immer gelingen, darf man hoffen. Immerhin war die Rosnack schon 68 Jahre alt und am Herdfeuer fast erblindet, als sie ihren Erfahrungsschatz der Nachwelt übergab. Bei den Zutaten darf man jedenfalls nicht zimperlich sein und muß sich an Mengenangaben um die 15-20 Eier und zwei Pfund Butter erst gewöhnen. Aber ohne solche Herausforderung ist die historische authentische Genusserfahrung nicht zu haben. Wer noch Zweifel haben sollte, der wähle sich für seinen Versuch das Motto eines Stargarder Kochbuchs von 1902: „Wenn’s Kochen soll gelingen, Hab`Freude am Vollbringen!“ – Na denn, Guten Appettit!